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Brot f​ü​r den Hunger, Huren f​ü​r die Lust

by Alyce & Nix

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1.
Okzident 01:59
An den Tropf gehängt im Okzident Jeden Tag ein Ablasshandel Hinter Fensterfronten aus kreischendem Metall verziehen sich brav die Leichen über deren Dächern tausend Sonnen blutend drohen, den Himmel zu zerfleischen
2.
Schwaden trüben Dunsts ziehen um die Neuronen so bullewarm und süßlich Die Kassenfrau belügt dich bei 68 Fahrenheit im Stübchen macht es sich die Psyche zu gemütlich Nix ist niet- und nagelfest, alle Türen offen nur kleb ich mit der Nase und dem schalen Rest meiner Glieder kilometertief im Laken fest Schneid’ mich los Ich blick' voll Desinteresse mit breit süffisantem Lächeln auf das Hauen und Stechen um die besten Futterplätze Glotze oder draußen vor der Türe: beziehen die feinen Unterschiede Prügel Steh da drüber, überflügel Rädelsführer Doch Montagmorgen Frühschicht mit der Rübe nach den Höhenflügen wieder auf den Füßen bleibt von meiner Hybris nix mehr übrig Wenn ich absack‘, wird jeder Lidschlag zu ‘nem Kraftakt Ich begrab' mich in den Daunen und dann passt das Dieses Zeitgeschehen führt vor der Tür ein Eigenleben Das Viertel bietet den Prothesengöttern eine Bühne Die sieben Sachen sind gepackt, doch als ich mein Mädchen seh‘ strahlt sie über beide Grübchen Liebling, schlag‘ mich tot, wie ich mir die Nächte um die Ohren auf der Jagd nach Emotionen Liebling, schlag’ mich tot, wie ich mir die Tage um die Ohren auf der Jagd nach Finderlohn
3.
Schmierfilm auf der Iris Die Nächte konsumieren mich ich leb‘ doch nur vom Schluckreflex im Kuckucksnest ich leb' hier nur vom Schluckreflex Tage verblühen wenn ich mit meinen Endorphinen bis in die Früh‘ Räuber und Gendarm im Schlafzimmer spiel‘ Neuer Tag, carpe diem, schönstes Lilablau gefärbt, doch der Schlund der nächsten Apathie klafft einen Fußbreit entfernt - ein Artefakt Montagmittag in der Schwebe reißt der Faden ab 'Ne Armlänge zum Wahn, zwei Fingerbreit ins Nichts zwischen Kitsch, Taschenspielertricks und schlechten Ficks Nach zwanzig Jahren Vorspiel dann ein mäßiger Orgasmus Mit beiden Beinen auf dem Boden kurz vor dem Absprung Brei gewordene Momente, in denen ich nichts sehen will, als mich bluten Die Geier über mir ziehen kreisend an der Zimmerdecke Spuren Im Krieg und in der Liebe ist jede Waffe recht Ich suchte lang‘ das Kuchenland - fand es in dei'm Bett Doch der Dämon, den ich schuf‘, wird mit jedem Fleisch, das er verschlingt, nur noch gefräßiger Ich nähr‘ ihn ganze Brocken - kreideweiß - Hals an seinem verführerischen Säbelzahn
4.
Gedanken saugen an der eigenen Nabelschnur Das Herrchen hält die Hundeleine kurz Höhenflüge zehren von ihrer Nachgeburt Ich fresse, kotze, fresse Mäßige Exzesse, halbgare Orgasmen, wenn die Seifenblasen platzen Papa Staat liest jeden Wunsch von meinen Lippen ab und prügelt ihn auf Mittelmaß Melk‘ die Kuh bis ihre Zitzen bluten Nimm dir dein Stück vom Kuchen Unermesslich meinem Lächeln hinterhergehächelt durch die Nächte Endorphine aufgebraucht - ausgehaucht Erz hat das Volk stark, Schmalz und Butter haben es fett gemacht Friss was, fick’ was, sei fleißig, eil’ dich Schmied‘ das Eisen, wenn es heiß ist Begatt‘ dein Weib, solang‘ die Titten straff, die Fotze feucht, die Haut geschmeidig Melk’ die Kuh bis ihre Zitzen bluten Nimm dir dein Stück vom Kuchen Brot für den Hunger, Huren für die Lust Brot für den Hunger, Huren für die Lust Brot für den Hunger, Huren für die Lust Brot für den Hunger, Huren für die Lust Brot für den Hunger, Huren für die Lust Brot für den Hunger, Huren für die Lust
5.
Und jeder neue Luxus zieht den Strick ein Stückchen fester an spinnt das Netz aus Zwängen immer enger, drückt die Kehle zu, die doch eigentlich nichts weiter will als Luft zu schnappen Gedanken sind so frei, wie Arbeit macht Seit zwanzig Jahren in Wartestand und -schleifen Dreh‘ am Zeiger, denn der alltägliche Aderlass hinterlässt einen faden Nachgeschmack schnürt mir Hals und Atmung ab und treibt mich in die Enge Wenn ich den klaren Kopf für eine gute Nacht verpfände, fang’ ich zehn Gedanken an und bringe keinen zu Ende Wir aufgeputschten Taugenichtse tauschen Methadone gegen Augenringe Den Hunger im Herzen, doch dem umsatzstärksten unterwerfen Wo sie saturiert, rund und ernährt sind, nix als Sachzwänge, die sich bloß selbst ernähren und sich selbst genug sind Is’ genug, wenn wir sie abhängen, sind die ganzen kleinen Sperenzchen Die an den Haaren herbeigezogenen Argumente obsolet und ich pack sie bei den Schenkeln Jeder Gedanke, jeder Gott und jede Nacht findet ihren Henker Doch lass die Sünder unbescholten und den Tagedieben zwischen täglich Gnadenbrot und Paarungsspiele und den immer gleichen Narrativen die kleinen Freuden Wo Privilegien schwer enttäuschen, mich Vater Staat bemuttert, doch Verachtung in der Brust schabt spiel’ ich euch dummen Lutschern nicht den Lustknaben Und am Black Friday sind sie völlig aus dem Häuschen, ziehen auf Raubzug durch die Innenstadt mit Ellbogen nach Beute Wo das Privileg seines eigenen Glückes Schmied ist erstrahlt der deutsche Traum in ungetrübter Blüte
6.
Lying Figure 01:25
7.
Der Taumel 03:13
Zwei Libellen beim Liebesakt schimmern bläulich über’m Wasser in der Gracht Schwarze Seide, Abendkleid, eine Sichel Das Fußvolk in den Gassen: Toll und schwanger von Vergnügungssucht Übelkeit vom Schwadronieren und dem süßlichen Parfümgeruch Weiße Rosen, Kokain und Pheromone Kühler Rausch, benommen und taub vom Blütenstaub Mond und Trauerweiden hängen ins Ufer und Ich taumel‘ vom Wasser aus mit ringverzierten Augen über nebelschwadenumhauchte Felder ohne Ende Blick nach unten: Das vieh zieht zur Tränke und ich zieh‘ mir meine Haut ab Brise auf der Brust, Kuss von Gras und Fliederduft Dem Bürgersteig entsprießen Karzinome Rosa Fleisch in feiner Robe Im knappen Kleid zum Grand Finale der Paarungszeit Die Ratten fressen Dönerfleisch als schmierige Kadaver Und Palawer und Palawer und Palawer Laternen und Reklame ziehen den Himmel aus bis auf die Haut Und der schwere Rauch der träge durch die Gassen strömt, schluckt sämtliche Konturen
8.
Zu Bett 02:48
Und wenn du sonntagabends dann die Segel setzt wiegt mein Herz gleich gute zwei, drei, vier Gallonen schwerer Die heißen Küsse spür‘ ich noch wie ein Brandmal auf der Haut Jede Stunde ist so kostbar und ich schwör‘ ich reiz’ sie aus Auf den rührend milden Frühling folgt ein Sommer - schwül und stickig der nur selten einmal hält, was die ersten Schwalben uns verheißen Kein Sonnenstrahl vermag durchs schwere Wolkendach zu gleiten doch das gilt nicht für uns beide Meine taub aufgeweichte Haut fühlt sich an wie ein Kostüm ich leg’ sie ab wenn ich mich tief bis an die Spitzen in dir fühl‘ Will mit Herz und Schopf versinken, einmal leuchten und verglühen Du kannst mir glauben, die Nachbarn spähen durch die Gardinen und machen Augen Durch die Gassen pfeift das dröge Lied vom Tod, doch es geht weiter wie gewohnt Das Viertel zehrt doch auch nur noch vom gold gefärbten Glanz verganger Tage (seit Jahren) Die Straßen sind hier Tunnel, die sich durch die Häuserschluchten graben als Kapillaren (Ein Netz von feinen Adern) Und wir ziehen den Vorhang zu in unserem Domizil, spielen da nicht mit Maskerade Spielen da nicht mit Maskerade Ich geh’ zu Bett mit dir, um nie mehr aufzustehen und träume von einem Morgen, der wie gestern ist, verrenn’ mich tief im Westen Wollt‘ ans Fahnenstangenende, denn darunter ist’s ein Wespennest Ich geh‘ zu Bett mit dir um nie mehr aufzustehen Ich geh’ zu Bett mit dir und träume
9.
Sturz, Druck, Atemnot unter dem Damoklesschwert des nahenden Tages, das uns beide zu zermalmen droht Morgenröte, harte Landung Diese Odyssee Richtung gelobtes Land ist ein Himmelfahrtskommando Wenn ich das Bauchkribbeln als Film auf meinem Gaumen finde, atme ich tief durch, wische mir den Rest an Wirklichkeit wie Dreck aus meinem Augenwinkel Wenn die Hydra nix zu fressen hat, verschlingt sie halt die eigenen Hälse Wenn sie nix zu fressen hat, verschlingt sie halt die eigenen Hälse Ich will kein Stück vom Kuchen in einem Stück, in dem es nur Kulisse und Statisten gibt, doch keinem das genügt Weck' mich nicht mehr auf, bevor der Flieder wieder blüht Sorgen verziehen mit dem Morgenurin Das Zimmer durch Gardinen von schmierig weichem Licht durchtränkt Die stumpfe Wärme ist meinem leeren Geist noch Nahrung, doch ich wind’ mich raus aus ihrer halsabschneiderisch eisern alles einverleibenden Umarmung Klammer mich nach Kräften an deine längst verblichene Silhouette Trag’ nur Haut und Haar und Feigenblatt Von der Freitagabend-Leidenschaft bleibt im Abgang dieser einsam bleierne Beigeschmack Wenn die Geisterstadt mir Beine macht, die Schatten über Decke und Tapete tänzeln, ihre Klauen in Richtung meiner ausgedörrten Kehle renken, bet’ ich bloß dass dieses Schmierenkomödien-Theaterstück irgendwer wieder geraderückt Du kannst Tiefschläge verkraften, doch wie steht es um die Horden leerer Stunden, die im Wochentakt so gottverdammt das Knochenmark entsaften? Du kannst Tiefschläge verkraften, doch wie steht es um die Horden leerer Stunden mit Haut und Hirn aus Styropor? Wo mich jedes Korrektiv nur herzlich auslacht, ist morgen wie zuvor ein neuer Tag - aber ist es von Belang ob ich auch morgen wieder aufwach‘? Ist es von Belang ob ich auch morgen wieder aufwach‘?

about

'Wenn die Hydra nix zu fressen hat
verschlingt sie halt die eigenen Hälse'


'Brot für den Hunger, Huren für die Lust' youtube.com/watch?v=7YruEfqFd7s

'Zu Bett'
youtube.com/watch?v=4h-4pwIMGZI

'Wo der Flieder blüht'
youtube.com/watch?v=RTyxFjXwE70

credits

released July 3, 2020

Musik/Text: Alyce & Nix
Mixing/Mastering: JayBaez
Artwork: Alyce & Nix, Coralie Schmidt

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Alyce & Nix Wuppertal, Germany

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